Zum Projekt
Der DEAF ist ein Grundlagenwörterbuch des Altfranzösischen. Er reiht sich ein in die lange europäische Tradition geisteswissenschaftlicher Forschung im allgemeinen und die der Lexikographie im besonderen, in der der deutschsprachige Raum eine wichtige Position innehat. Der DEAF umfaßt den Zeitraum von 842 (Datum des Straßburger Bündnisschwures zwischen Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen gegen Lothar I., überliefert in althochdeutscher und altfranzösischer Sprache) bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts (Epochengrenze zum Mittelfranzösischen, philologisch und gesellschaftlich begründet).
Alle verfügbaren Materialien werden ausgewertet: Wörterbücher, Glossare, Texte literarischer und nichtliterarischer Natur. Der Zettelkasten enthält derzeit 1,5 Millionen Zettel, die auf etwa 12 Millionen Belege verweisen. Der DEAF stellt aus dieser Masse heraus alle altfranzösischen Wörter mit allen Bedeutungen dar und reduziert sie dabei auf die Artikelstruktur des Wörterbuches. Der DEAF wird als Buch und online als DEAFél publiziert, wissenschaftlich tiefgehend in der Form von DEAFplus, bzw. bereitgestellt als digitalisierte und vorstrukturierte Materialsammlung in DEAFpré. Die zitierten Materialien werden durch die Bibliographie des DEAF erschlossen, die alle Texte, alle Handschriften und alle Ausgaben verzeichnet, sie in die Geschichte der Schönen Literatur und der Fachliteratur einordnet, datiert, lokalisiert und in ihrer Qualität kritisch bewertet. Da das Altfranzösische gut überliefert ist, ist die Masse der Quellen quasi unüberschaubar.
Der DEAF ist ein etymologisches Wörterbuch, das heißt, er erklärt die Herkunft der Wörter, ihre Bedeutungsentwicklung und ihr Weiterleben. Um die Zusammenhänge deutlicher zu machen, ist der Wortschatz nach Familien geordnet. Titelwort ist jeweils das altfranzösische Wort, das sich direkt aus dem Etymon entwickelt hat. Die Darstellung der Etymologie bezieht die Nachbarsprachen mit ein, etwa das Weiterleben des Etymons in anderen romanischen Sprachen oder die Entlehnungen aus dem Altfranzösischen ins Deutsche (Beispiel: Galopp und galoppieren).
Jede Bedeutung eines Wortes wird in eine Definition gefasst. Diese ist in traditioneller Weise phrastisch aufgebaut: ein Oberbegriff wird durch Bedeutungsmerkmale solange eingegrenzt, bis der Bedeutungsumfang klar ist. Zum Beispiel ist gravoire nicht nur «stylet» definiert (also "Griffel"), sondern «petit stylet dont on se servait pour faire la raie» ("kleiner Griffel zum Ziehen des Scheitels"). Jede Definition wird illustriert durch einen oder mehrere Kontexte, die nicht aus Wörterbüchern abgeschrieben, sondern grundsätzlich aus Primärquellen entnommen werden (Ad fontes!). Eine Definition kann noch so präzise sein, sie wird doch erst durch einen gut gewählten Kontext lebendig (vgl. die Praxis des Duden). Das gilt insbesondere für ein Wörterbuch zu einer vergangenen Epoche, da wir für ältere Sprachstufen wohl kaum ein aktives Sprachgefühl entwickeln. Der Kontext kann häufig auch zusätzliche Informationen geben, die die Definition nicht enthält (z.B., dass jener Frisiergriffel aus Elfenbein oder Bein sein kann). Einen typischen DEAF-Artikel finden Sie hier:
Hier gerät das Wörterbuch in die Domäne der Enzyklopädie, ein Aspekt, der gerade bei einem historischen Wörterbuch wichtig ist. Kontexte und explizite sachliche Informationen jedes einzelnen Artikels erhöhen den Nutzen des DEAF für die gesamte Mediävistik. Das ist auch der Grund, warum nicht etwa vornehmlich der älteste Kontext zitiert wird, sondern der oder die, die für die Bedeutungsillustration und die enzyklopädischen Inhalte am aussagekräftigsten sind, z.B. gibeline "Zobel", ce sunt gibeline et ermin... e mantes autres chieres bestes (Marco Polo): Zobel und Hermelin sind am Ende des 13. Jahrhunderts teure Pelze.
Seit 2008 hat die DEAF-Redaktion in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation ein elektronisches Redaktions- und Publikationssystem (DEAF Dictionary Writing System - DEAF-DWS) entwickelt. Im Hinblick auf die verbleibende Projektlaufzeit wurde hierbei ein zweistufiger Ansatz verfolgt: die Buchstaben D, E und F – aus wissenschaftshistorischen Gründen das «schwarze Loch» der galloromanischen Lexikographie – werden weitgehend in gewohnter Form lexikographisch erschlossen. Die Ergebnisse werden sowohl in gedruckter Form als auch im Internet publiziert. Parallel dazu werden sämtliche Materialien zu den Buchstaben A-C und L-Z lemmatisiert und mit einer groben semantischen Struktur versehen, um auch die für diese Alphabetbereiche bereits erarbeiteten Daten langfristig zu konservieren und für eine weitergehende lexikographische Erschließung zugänglich zu machen. Diese vorstrukturierten Materialien werden als DEAFpré ausschließlich in elektronischer Form publiziert. Neben Zeitersparnissen insbesondere bei der Klassifizierung und Strukturierung der Materialien und komfortablen Suchmöglichkeiten, bietet die computergestützte Redaktion und Publikation erstmals die Möglichkeit, die vom DEAF erarbeiteten wissenschaftlichen Ressourcen einem breiten Publikum zugänglich zu machen und sie zugleich in einem für eine digitale Langzeitarchivierung geeigneten Format zu speichern.