Land Baden-Württemberg vergibt drei Wissenschaftspreise

Landesforschungspreis_Preis_fuer_mutige_Wissenschaft_2018

Seit 1989 vergibt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst den mit 200.000 Euro dotierten Landesforschungspreis für herausragende Leistungen von Forscherinnen und Forschern. Der Preis ist geteilt in einen Preis für Grundlagenforschung und einen Preis für angewandte Forschung. Jeweils 100.000 Euro können an eine Person oder an mehrere Forscherinnen und Forscher vergeben werden.

Mit dem Preis sollen herausragende Leistungen von Forscherinnen und Forschern an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Baden-Württemberg ausgezeichnet werden. Das Preisgeld ist für die weitere wissenschaftliche Arbeit der Preisträgerinnen und Preisträger bestimmt.

Bei der Förderung geht es nicht um die Würdigung des Lebenswerks, sondern um die Anerkennung von - auch im internationalen Rahmen - herausragenden Forschungsarbeiten einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers ohne Rücksicht auf die jeweilige Fachdisziplin. Entscheidungskriterien sind allein Qualität und Exzellenz der Forschungsleistung. Akademiepräsident Prof. Dr. Thomas W. Holstein übernahm dieses Jahr den Vorsitz der Jury.

Die diesjährige Preisverleihung fand am 10. Dezember 2018 in Stuttgart statt.

Der Landesforschungspreis für Grundlagenforschung wurde dieses Jahr Prof. Dr. Bernhard Schölkopf verliehen, der als Direktor der Abteilung „Empirische Inferenz“ am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen tätig ist. Er erhielt den Preis für seine Forschung zur Theorie und Praxis des maschinellen Lernens. Hierbei handelt es sich um die Erforschung von Algorithmen, mit denen Computerprogramme Vorhersagen über neue Situationen machen können. Die Methoden des maschinellen Lernens sind die Grundlage der künstlichen Intelligenz und prägen als Schlüsseltechnologie der digitalen Revolution unsere Gegenwart und Zukunft. Sogenannte „Kernel Machines“ bzw. “Support Vector Machines” (SVMs) bilden eines der Fundamente maschinellen Lernens und kommen heutzutage in weiten Bereichen von Wissenschaft, Forschung und Industrie zum Einsatz kommen. Schölkopf leistet wegweisende Forschung zur Entwicklung intelligenter Systeme, die robust und verlässlich agieren. Er begründete den Aufbau eines führenden Spitzenclusters der KI-Forschung und erbringt einen wichtigen Beitrag zu einem der drängendsten Themen unserer Zeit.

Prof. Dr. Andreas Trumpp erhielt den Landesforschungspreis für angewandte Forschung. Als Leiter der Abteilung „Stammzellen und Krebs“ am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg forscht er mit herausragenden Ergebnissen zur Rolle von Stammzellen in der Entstehung und Ausbreitung von Krebs. Im letzten Jahrzehnt entwickelte und etablierte er unter anderem das Konzept der „Stem Cell Dormancy“, eine tiefe Ruhephase von Stammzellen, die bei der Geweberegeneration und Krebs eine wichtige Rolle spielt. Dieses Konzept hat weitgehende Auswirkungen auf das Verständnis der Organisation der Geweberegeneration nach Verletzungen und zeigt, dass mutierte Stammzellen den zellulären Ursprung der Krebserkrankung bilden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für das Verständnis der Entwicklung von Therapieresistenzen, die eines der drängendsten Probleme der heutigen Onkologie darstellen. Eines der vorrangingen Ziele Trumpps ist es, dass seine Forschungsergebnisse klinischen Bezug haben und so in die Translationsforschung übertragen werden können. Seine Forschungsarbeiten eröffnen neue Richtungen für eine Wissenschaftlergeneration und liefern neue Ansätze für die Krebstherapie.

 

Mit dem Preis für mutige Wissenschaft würdigt das Land Baden-Württemberg exzellente Forscherinnen und Forscher an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die ausgetretene Wege verlassen und ihre Forschungsarbeit mit besonders viel Mut und Wagnis vorangetrieben haben. Die Auszeichnung ist mit 30.000 Euro dotiert und wurde gemeinsam mit dem Landesforschungspreis am 10. Dezember 2018 in der Staatsgalerie Stuttgart verliehen.

In diesem Jahr wurde Prof. Dr. Dr. med. Sabine Gabrysch mit dem Preis für mutige Wissenschaft ausgezeichnet. Die Ärztin und Epidemiologin leitet seit 2014 die Sektion Epidemiologie und Biostatistik am Heidelberger Institut für Global Health.

 

 

„Mit beeindruckender Konsequenz und persönlichem Engagement setzt sie sich für diese inhaltlich und methodisch hochkomplexe Aufgabe ein und hat sich auch von Warnungen, dass dieser Weg eventuell ihrer wissenschaftlichen Karriere schaden könnte, nicht abschrecken lassen. Das ist die Einstellung, die uns spannende und aktuell nicht vorstellbare Forschungsfelder eröffnet,“ betonte Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

Rund zwei Milliarden Menschen leiden weltweit an Mangelernährung. Das hat verheerende Folgen für die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern. Die Gründe für Mangelernährung sind vielfältig. Maßnahmen zu ihrer Erforschung und Bekämpfung konzentrieren sich hingegen meist auf kurzfristige und punktuelle Lösungen. Sabine Gabrysch geht als Wissenschaftlerin einen anderen Weg. Am Heidelberger Institut für Global Health verfolgt sie das Ziel, langfristige Maßnahmen, welche die Ursachen der Mangelernährung nachhaltig angehen, wissenschaftlich zu untersuchen. Eine stichhaltige und aussagekräftige Evaluation komplexer, langfristiger Maßnahmen ist herausfordernd und verspricht keine schnellen wissenschaftlichen Ergebnisse und raschen Publikationen – was die Forscherin jedoch nicht abschreckte. 2013 initiierte sie das Forschungsprojekt „Food and Agricultural Approaches to Reducing Malnutrition“ (FAARM). Im Zentrum des Projekts steht eine große Interventionsstudie in Bangladesch. Ziel der Studie ist es herauszufinden, inwieweit in Kleingruppen organisierte Frauen durch den Betrieb von Hausgärten und Hühnerzucht sowie durch Schulungen zu Ernährung, Hygiene und Kinderpflege befähigt werden können, ihren eigenen und den Ernährungszustand ihrer Kinder zu verbessern. Dabei ist das FAARM-Projekt die bislang einzige nahrungsmittelbasierte Studie, die Frauen schon vor der Schwangerschaft einbezieht. Da Mangelernährung auf zahlreichen zusammenwirkenden Faktoren beruht, arbeitet Sabine Gabrysch in dem Projekt mit internationalen Wissenschaftlern interdisziplinär zusammen. „Seit Jahren engagiert sich die Preisträgerin für ein Thema, das uns alle angeht: die Mangelernährung in der Welt. Dazu braucht es neben herausragender wissenschaftlicher Fachkompetenz und persönlichem Einsatz auch viel Mut, Risikobereitschaft und Ausdauer,“ so Theresia Bauer abschließend.