Das Projekt ‚KomFrag‘ wurde 2011 in das Akademienprogramm aufgenommen und hat eine geplante Laufzeit von 15 Jahren. Damit wird eine Lücke im Verständnis der Literatur aus der klassischen Antike – und somit zur Bildungsgeschichte – ein Stück weit geschlossen.
Große Bereiche der griechischen Literatur – insbesondere der archaischen, klassischen und hellenistischen Zeit – sind nicht durch vollständig erhaltene Texte, sondern durch Fragmente bezeugt. Dies gilt nicht nur – um einige signifikante Beispiele zu nennen – für die vorsokratische und hellenistische Philosophie oder die frühe Lyrik, sondern auch für das Drama. Dies bedeutet, dass eine Darstellung der Geschichte der griechischen Literatur ohne Einbeziehung der fragmentarisch erhaltenen Texte nicht möglich ist und selbst ein Fragment bleiben muss.
Im Gegensatz zur griechischen Tragödie verfügen wir bei der Komödie über eine enorme Zahl von Testimonien und Fragmenten von über 200 Autoren, die zwar inzwischen in der monumentalen Ausgabe der Poetae Comici Graeci (hrsg. von R. Kassel und C. Austin) ediert sind, aber immer noch darauf warten, wissenschaftlich erschlossen zu werden. In dem Forschungsprojekt wird durch die Kommentierung der fragmentarisch erhaltenen Komödienautoren literaturgeschichtliches Neuland betreten und der bisher eher einseitige Blick auf eine zentrale Gattung der europäischen Literatur korrigiert werden.
Ziel der Kommentare ist es, einerseits die in der Regel schwierig zu verstehenden Texte unter verschiedenen Gesichtspunkten (philologisch-literaturgeschichtlich, archäologisch, historisch) zu erschließen, und andererseits, wo dies möglich ist, eine Rekonstruktion der Stücke selbst zu versuchen wie auch eine literaturgeschichtliche Einordnung der Autoren vorzunehmen.
Das Material
Insgesamt sind uns 8501 Komödienfragmente von 253 namentlich bekannten Dichtern bekannt. Hinzu kommt eine beträchtliche Anzahl an Zeugnissen zu Leben und Werk der Dichter selbst. Ein Großteil der Fragemente stammt aus dem 5. Jh. v.Chr. und ist den Dichtern Kratinos, Aristophanes und Eupolis zuzuordnen. Als weitere gut bezeigte Autoren sind Pherekrates, Theopamp oder Hermippos zu nennen. Ähnlich gut ist die Quellenlage für das 4. Jh. v.Chr., wo vor allem Antiphanes und Alexis durch eine große Zahl von Fragmenten belegt sind. Aus hellenistischer Zeit (Ende 4. Jh. – 1. Jh. v. Chr.) ist in erster Linie Menander, etwa durch die Papyrusfunde des ausgehenden 19. Jhds, aber auch durch zahlreiche Fragmente gut bezeugt. Andere Autoren dieser Epoche sind beispielsweise Philemon oder Diphilos.
Interdisziplinärer Ansatz
Das Projekt ist in erster Linie philologisch ausgerichtet. Aufgrund der Besonderheit der Komödientexte ist allerdings eine enge Zusammenarbeit mit der Alten Geschichte und Archäologie erforderlich. Als erstes Ergebnis der Kooperation mit Archäologen der Universität Würzburg ist eine Archaeologia comica in Planung, in der lexikonartig die in den Komödien und Komödienfragmenten beschriebenen Realien zusammengestellt werden. Ein weiteres Projekt ist das Onomastikon comicum, eine Zusammenstellung aller in den Komödien erwähnten Personen, die als Arbeitsgrundlage für althistorische und onomastische Forschungen dienen soll. Literatur- und kulturwissenschaftliche Interessen werden durch Untersuchungen zu Formen der Komik, bildungs- und rezeptionsgeschichtliche Aspekte durch die Beschäftigung mit der Überlieferung und den spezifischen Überlieferungsträgern von Komödientexten abgedeckt.
Internationale Vernetzung
Das Projekt ist ausdrücklich darauf angelegt, externe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Derzeit gibt es 21 externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Großbritannien, Italien, USA und Griechenland. Die Zahl der Anfragen nimmt kontinuierlich zu. Workshops und Tagungen tragen zur internationalen Bekanntheit des Forschungsprojekts bei. Die internationale Vernetzung wird vor allem durch den hochkarätig besetzten wissenschaftlichen Beirat deutlich, bestehend aus den Professoren Glenn W. Most (Pisa), Heinz-Günther Nesselrath (Göttingen), S. Douglas Olson (University of Minnesota), Alan H. Sommerstein (Nottingham) und Antonios Rengakos (Thessaloniki).