Richtlinien für partnerschaftliches Verhalten

Verabschiedet vom Vorstand der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 18. Oktober 2021.

Präambel

Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften (nachfolgend abgekürzt durch HAdW) ist eine Einrichtung, in der unterschiedliche Menschen aus vielen verschiedenen Ländern und in unterschiedlichen Funktionen aufeinandertreffen und miteinander arbeiten. Arbeits- und Forschungsbetrieb werden durch die sich damit ausbildende Vielfalt an Gedankenwelten deutlich bereichert. Ansehen und Wirkung der HAdW werden daher auch wesentlich durch die Chancen und das Wohlergehen dieser vielen unterschiedlichen Menschen geprägt.

Als Wissenschaftsakademie des Landes Baden-Württemberg hat die HAdW eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion: Leistungen bei der Arbeit und in der Forschung können nur in einer Umgebung des intakten Miteinanders gedeihen. Dies setzt partnerschaftliches Verhalten aller Beteiligten voraus. Eine Kultur, die partnerschaftliches Verhalten und ein faires Miteinander schätzt, bildet die Basis für ein positives Arbeits- und Bildungsklima und ist damit eine wichtige Voraussetzung für Erfolg und Wissensproduktion. Daher hat die Akademie diese Richtlinie verabschiedet, die grundlegende Verhaltensprinzipien festlegt, welche für das Handeln ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Vorgesetzte leitend sein sollen.

Die HAdW verpflichtet sich zu partnerschaftlichem Verhalten, garantiert die gleichberechtigte und respektvolle Zusammenarbeit von Angestellten und deren Vorgesetzten auf allen Funktionsebenen und fördert Maßnahmen, um ein dafür zuträgliches Arbeitsklima zu schaffen und zu erhalten. Sie übernimmt darum innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches die Verantwortung für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und Würde aller ihrer Angestellten und Vorgesetzten.

1. Geltungsbereich

Diese Richtlinie gilt für alle Angestellten der HAdW und deren Vorgesetzte. Sie gilt auch für Personen, die arbeits- oder dienstrechtlich nicht an die HAdW gebunden sind und in keinem Beschäftigungsverhältnis mit der HAdW stehen, die aber einen sachlichen Bezug zur HAdW haben. Dies sind insbesondere ehrenamtliche Forschungsstellenleiterinnen und –leiter, Stipendiatinnen und Stipendiaten, externe Doktorandinnen und Doktoranden sowie extern Beschäftigte.

2. Grundsätze des partnerschaftlichen Verhaltens

Die Akademie fördert Chancengleichheit, Vielfalt und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Alle vom Geltungsbereich dieser Richtlinie umfassten Personen legen besonderen Wert auf ein positives Klima und einen fairen Wettbewerb in der Forschung und am Arbeitsplatz. Alle Personen, insbesondere diejenigen in Leitungs- und Führungspositionen, tragen Verantwortung dafür, dass Diskriminierungen wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung oder Krankheit, des Alters oder der sexuellen Identität, insbesondere die Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen am Ausbildungs- und Arbeitsplatz sowie sexuelle Belästigungen, Mobbing-Handlungen und Stalking verhindert respektive nicht geduldet werden.

Der Vorstand der HAdW ächtet jegliche Form von Diskriminierung, Herabwürdigung, Mobbing und Stalking. Sie stellen eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, die entsprechend geahndet werden. Die vom Geltungsbereich dieser Richtlinie umfassten Personen verpflichten sich zur Einhaltung dieser Grundsätze und wirken darauf hin, dass derartige Handlungen unterbleiben.

Diese Richtlinie ergänzt die bestehenden Vorschriften zum Schutz von Beschäftigten, z. B. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Ein Katalog von angemessenen Maßnahmen und Sanktionen findet sich im Anhang.

Außenstehende Nutzerinnen und Nutzer von Akademieeinrichtungen müssen die Grundsätze zum partnerschaftlichen Verhalten beachten. Dies ist durch die entsprechenden Benutzungsordnungen festzuschreiben.

3. Aufgabe der verantwortlichen Stellen bei Missachtung des partnerschaftlichen Verhaltens

Die HAdW ermöglicht ihren Angestellten den Zugang zu umfassenden Informationen über die Probleme Mobbing, Diskriminierung, Stalking und sexuelle Belästigung, über die Möglichkeiten der Prävention und über die Rechte und Beratungsmöglichkeiten von Betroffenen. Es wird die Teilnahme an Informations- und Schulungsveranstaltungen, darunter auch Führungsseminare für Leitungskräfte, ermöglicht.

Der Vorstand und der Personalrat bestellen eine Ombudsperson „Partnerschaftliches Miteinander“ für Fragen im Zusammenhang mit sexueller Belästigung, Mobbing, Stalking und Diskriminierung. Die Kontaktdaten sind auf der Webseite der Akademie zu finden. Der Personalrat wird in Fällen von unangemessenem Verhalten entsprechend den einschlägigen Gesetzen, Verordnungen und Regelungen in Beratungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen. Problemfälle von Mobbing, Stalking, Diskriminierung und sexueller Belästigung, die nicht von den verantwortlichen Stellen der Akademie (Vorstand, Geschäftsführung, Personalrat, Ombudsperson „Partnerschaftliches Miteinander“) geklärt werden können, werden in einer „Kommission für partnerschaftliches Verhalten“ verhandelt.

Die HAdW bietet den Betroffenen von sexueller Belästigung, Mobbing, Stalking und Diskriminierung sowie deren Vorgesetzten des Weiteren nach Überprüfung des Sachverhalts unterschiedliche Möglichkeiten zur Verbesserung und Lösung ihrer Situation an. Hierzu zählen neben den institutionellen und dienstrechtlichen Wegen, Verfahren und Maßnahmen auch alternative Konfliktlösungsverfahren wie die Mediation, die auf eine konsensuale Lösung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der betroffenen Personen ausgerichtet ist und damit den beteiligten Personen einen Weg zu einem partnerschaftlichen Umgang miteinander eröffnen kann. Die HAdW unterstützt die Beteiligten bei der Vermittlung geeigneter Mediation.

4. Benennung der Ombudsperson und der Kommission für partnerschaftliches Verhalten

Die Ombudsperson „Partnerschaftliches Miteinander“ wird einvernehmlich von Personalrat und Vorstand für eine Amtszeit von vier Jahren benannt. Es können bis zu drei Amtszeiten wahrgenommen werden.

Die „Kommission für partnerschaftliches Verhalten“ besteht aus vier Personen. Zwei Personen werden vom Personalrat benannt, zwei Personen werden vom Vorstand benannt. Eine Amtszeit der Kommissionsmitglieder beträgt vier Jahre. Jedes Mitglied kann insgesamt zwei Amtszeiten wahrnehmen.

5. Anhang

5.1. Begriffsbestimmungen

Was als sexuelle Belästigung, Mobbing, Stalking oder Diskriminierung empfunden wird, ist wesentlich durch das subjektive Empfinden der/s Betroffenen bestimmt. Die folgenden Aufzählungen sind deshalb keineswegs vollständig.

Sexuelle Belästigung

Sexuelle Belästigung ist jedes sexuell bestimmte Verhalten, das von den Betroffenen nicht gewünscht wird oder geeignet ist, sie als Person herabzuwürdigen, und eine Grenzüberschreitung darstellt. Das Verhalten erfüllt dabei das Kriterium einer subjektiven Grenzüberschreitung.

Die sexuelle Belästigung kann sich in Worten, Handlungen, Gesten oder sonstigem sexualisierten Verhalten ausdrücken. Dies können z. B. sein:

  • anzügliche Bemerkungen, Kommentare oder Witze zur Person, zu ihrem Körper, zu ihrem Verhalten oder zu ihrem Privatleben
  • Zeigen sexistischer und pornographischer Darstellungen, gleichgültig in welcher Form (z. B. Kalender/Bildschirmschoner/Poster)
  • Gesten und nonverbale Kommentare mit sexuellem Bezug
  • unerwünschte Aufforderung oder/und Nötigung zu sexuellen Handlungen
  • unerwünschter Körperkontakt
  • sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen am Arbeits- und Ausbildungsplatz.

Mobbing

Der Begriff Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen von einer Person oder mehreren anderen Personen, die gegen eine Person gerichtet sind und die wiederholt und systematisch vorkommen. Dies können z. B. sein:

  • Verleumdung von Mitbeschäftigten oder deren Familienangehörigen
  • Verbreiten von nicht erweislich wahren Gerüchten über vom Geltungsbereich dieser Richtlinie umfasste Personen oder deren Familien
  • absichtliches Zurückhalten von notwendigen Informationen
  • Desinformation
  • Drohung und Erniedrigung
  • Beschimpfung, verletzende Behandlung, Hohn und Aggressivität
  • unwürdige Behandlung durch Vorgesetzte und Kolleginnen oder Kollegen, z. B. die Zuteilung kränkender, unlösbarer, sinnloser oder gar keiner Aufgaben
  • wiederholt oder koordiniert persönlich beleidigende Äußerungen gegenüber vom Geltungsbereich dieser Richtlinie umfassten Personen, z. B. in Form der üblen Nachrede in öffentlichen und akademieinternen Foren.

Stalking

„Stalking“ bezeichnet das beabsichtigte und wiederholte Verfolgen und Belästigen eines Menschen, so dass dessen Sicherheit bedroht und seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt wird. Stalking steht seit 2007 unter Strafe (§ 238 StGB ‚Nachstellung‘). Die Erscheinungsformen von Stalking sind vielfältig. Konkrete Beispiele für Stalking sind:

  • unzählige Telefonanrufe
  • belästigendes Versenden von SMS, E-Mails oder Briefen
  • Auflauern und Verfolgen, sich demonstrativ in der Nähe der betroffenen Person aufhalten
  • Warenbestellung und Annoncen im Namen der Betroffenen, unerwünschte Geschenke etc.

Diskriminierung

Diskriminierung ist eine Herabsetzung der nach dem Grundgesetz unantastbaren Würde, der Rechte und Freiheiten des Einzelnen. Diskriminierungen können z. B. sein:

herabwürdigende Bemerkungen, Kommentare oder Witze und/oder Handlungen auf Grund:

  • der nationalen und/oder sozialen Herkunft
  • der Hautfarbe
  • der Abstammung
  • einer Behinderung
  • des Geschlechts
  • der religiösen und/oder weltanschaulichen Orientierung
  • der politischen Gesinnung
  • der sexuellen Ausrichtung
  • einer Krankheit
  • des Alters
  • Einsatz von Dokumenten, welche einer Gleichstellung der vom Geltungsbereich dieser Richtlinie umfassten Personen entgegenstehen.

5.2. Gesetzliche Grundlagen

5.3. Beratung und Unterstützung, Beschwerderecht

Betroffene und Vorgesetzte können sich, wenn die Lösung eines Problems oder die Bereinigung eines Konflikts direkt zwischen den Beteiligten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, an die verantwortlichen Stellen wenden. Eine vorgebrachte Beschwerde darf nicht zu Benachteiligungen der Beschwerdeführenden und/oder der/des Betroffenen führen.

Die Erhebung von persönlichen Daten ist auf das notwendige Maß zu beschränken und unterliegt dem Datenschutz.

Vorkommnisse, Gespräche und Informationen über mögliche Tatbestände werden vertraulich behandelt. Die Kommissionsmitglieder unterliegen der Schweigepflicht. Betroffene entscheiden mit über den Verfahrensverlauf. Beschwerden und Hinweisen über Mobbing, Diskriminierung, Stalking und sexuelle Belästigung ist nachzugehen.

5.4. Katalog möglicher Maßnahmen bei Fehlverhalten

Bei Verstößen gegen diese Richtlinie sind geeignete erforderliche und angemessene Maßnahmen einzuleiten. Welche konkrete Maßnahme im Einzelfall zu ergreifen ist, hängt von der Art und der Schwere des Verstoßes ab sowie davon, in welcher Beziehung die Person zur Akademie steht.

Mögliche Maßnahmen (je nach Schwere des Verstoßes)

Allgemeine Maßnahmen:

  • Ermahnung zur Verhaltensänderung (durch die/den Vorgesetzte/n oder die Geschäftsführung)
  • Anweisungen zu Art und Weise des persönlichen Umgangs miteinander
  • Verpflichtung zur Teilnahme an Schulungsveranstaltungen
  • Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen
  • Hausverbot

Arbeitsrechtliche Maßnahmen:

  • Abmahnung (durch die Geschäftsführung)
  • Umsetzung
  • Versetzung
  • Kündigung

Maßnahmen gegenüber externen Personen

  • Ermahnung zur Verhaltensänderung
  • Androhung der Kündigung eines bestehenden Vertragsverhältnisses
  • Kündigung eines bestehenden Vertragsverhältnisses
  • Hausverbot