Zwei Akademiemitglieder erhalten den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2024

Links Brustbild von Herrn Leonhard mit Brille und rechts ebenfalls in Frontalansicht Herr Grethlein.

Als wichtigster Forschungsförderpreis in Deutschland gilt der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis. Der Preis wird seit 1986 jährlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vergeben. Pro Jahr können bis zu zehn Preise mit einer Preissumme von jeweils 2,5 Millionen Euro verliehen werden.

Für 2024 werden drei Wissenschaftlerinnen und sieben Wissenschaftler mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis ausgezeichnet, zwei Preise davon erhalten die Akademiemitglieder Prof. Dr. Jonas Grethlein (Klassische Philologie, Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Jörn Leonhard (Neuere und Neueste Geschichte, Universität Freiburg). 

  • Professor Dr. Jonas Grethlein: Mit seinen Arbeiten zur Narratologie antiker Erzählformen, zur antiken Ästhetik und zum Verhältnis von Geschichtsbild und Erfahrung in erzählenden und historiographischen Texten der Antike hat Jonas Grethlein die Entwicklung nicht nur der Klassischen Philologie, sondern auch der Literatur-, Kultur- und Geschichtswissenschaften wesentlich beeinflusst. Für diese Leistung wird er mit dem Leibniz-Preis 2024 ausgezeichnet. Den Ausgangspunkt und Kern aller Arbeiten Grethleins, einem der führenden Gräzisten weltweit, bilden eingehende Interpretationen von Texten aus nahezu allen Gattungen der antiken griechischen Literatur. Dabei interpretiert er die antiken Texte oftmals mithilfe von modernen literatur- und kulturtheoretischen Ansätzen auf eine noch nicht da gewesene Art. So etwa orientierte Grethlein sich schon bei der Interpretation griechischer Tragödien in seiner Dissertation (2003) an der Fragestellung, welche Rolle das Asyl in Athen für die Konstruktion kultureller Identität spielte. Insgesamt umfasst sein wissenschaftliches Œuvre bereits elf Monographien – die jüngste, „Ancient Greek Texts and Modern Narrative Theory. Towards a Critical Dialogue“, erschien im Mai 2023. Die Antike erscheint darin, wie in all seinen Publikationen, aktuell und nah, weil sie in kritischen Dialog mit der Gegenwart tritt.

    Jonas Grethlein wurde 2002 in Freiburg im Breisgau in Lateinischer Philologie, Griechischer Philologie und Alter Geschichte promoviert und habilitierte sich 2005 am selben Ort. Von 2003 bis 2009 war er Nachwuchsgruppenleiter im Emmy Noether-Programm der DFG. Ab 2007 war er Assistant Professor an der University of California, Santa Barbara, bevor er 2008 von der Universität Heidelberg auf den Lehrstuhl in Griechischer Literaturwissenschaft berufen wurde. Grethlein erhielt 2006 den Heinz Maier Leibnitz-Preis der DFG sowie 2013 einen ERC Starting Grant zum Thema „Experience and Teleology in Ancient Narrative“. Rufe der University of St. Andrews (Schottland, 2012) und der Cambridge University (England, 2021) zeigen Grethleins weit über Deutschland hinaus reichende wissenschaftliche Reputation; er blieb Heidelberg jedoch treu.

 

  • Professor Dr. Jörn Leonhard: Der Historiker erhält den Leibniz-Preis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der europäischen und transatlantischen Kultur- und Politikgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Seine Beiträge zur Sprach- und Begriffsgeschichte des europäischen Liberalismus, zum Zusammenhang von Empire und Nationalstaat sowie zur Geschichte und Nachgeschichte des Ersten Weltkriegs haben der Geschichtswissenschaft neue Wege erschlossen und werden weltweit rezipiert. Schon in seiner preisgekrönten Dissertationsschrift zum Liberalismus im Europa des 19. Jahrhunderts gelang es ihm, die von diesem Denkmuster ausgehenden Prägungen unserer Gegenwart herauszuarbeiten. In seiner Habilitationsschrift zum Zusammenhang zwischen Kriegsdeutung und Nationsbestimmung in Europa und den Vereinigten Staaten zwischen 1750 und 1914 konnte er Aspekte der Begriffs-, Kultur- und Politikgeschichte erneut sinnvoll verbinden. Mit den darauffolgenden Monografien „Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs“ sowie „Der überforderte Frieden. Versailles und die Welt 1918–1923“ stellte Leonhard die internationalen Forschungen zur Kriegs- und Nachkriegszeit zwischen 1914 und 1924 auf eine neue Grundlage. Seine Herangehensweise beruht dabei vor allem auf konzeptioneller Präzision, empirischer Dichte und einer methodischen Offenheit und Multiperspektivität. 

    Dem Studium der Geschichte, Politischen Wissenschaft und Germanistik in Heidelberg und Oxford ließ Jörn Leonhard 1998 eine Promotion an der Universität Heidelberg folgen. Nach seiner Habilitation in Neuerer Geschichte, ebenfalls in Heidelberg, verbrachte er eine kurze Zeit an der Universität Jena, bevor er 2006 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas der Universität Freiburg folgte. Trotz vieler Rufe blieb er der Universität Freiburg bis heute treu, wo er von 2007 bis 2012 auch als Gründungsdirektor des Freiburg Institute of Advanced Studies (FRIAS) wirkte. Seine Forschungen wurden vielfach ausgezeichnet, etwa mit der Werner-Heisenberg-Medaille der Alexander von Humboldt-Stiftung.

Weitere Informationen:

Pressemitteilung der DFG (externer Link)